Wandel – oder ideologiefreier Konservatismus der Status-quo-Bewahrer?

Sozialdemokraten sind unruhige Menschen – die geben sich nicht wie Konservative mit den unbefriedigenden Zuständen zufrieden.

Tiefblickenlassendes Interview mit Raed Saleh, dem Chef der SPD-Landtagsfraktion, heute in der Berliner taz auf S. 23!

Einen Tag nachdem die beiden Trägerfraktionen des Berliner Senats eben mal 100 Millionen Euro zur Umverteilung an die Vermieter ausgelobt haben, – sie nennen es Bündnis für bezahlbare Mieten – , spricht sich Raed Saleh für Wandel, für Aufstieg, für Integration durch Bildung aus.

Saleh hat natürlich recht: 100 Millionen nur für die Besserstellung der Vermieter sind vergeudetes Geld. Es ist die uralte Leier, die Schalmeienmelodie der alten Senate aus SPD/CDU/LINKE,  die sich gerne wechselseitig links überholten – durch Wahlgeschenke, etwa an die Mieter.

Der grüne Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg hat die Zusammenhänge erkannt: Mietendeckelung („nicht mehr als 30% des Nettoeinkommens für die Miete“) sind eine glatte Umverteilung von Steuergeld an die Vermieter.  Denn wenn der Vermieter weiß, dass er die Differenz, die der Mieter nicht zu zahlen braucht, ohnehin vom Senat reingebuttert bekommt, wird er die buchhalterische Kostenmiete  künstlich anheben.

Das ist der ideologiefreie Bestandserhaltungsgrundsatz der Berliner Landespolitik. Der Staat richtet es schon – mit den von den anderen Bundesländern großmütig rübergeschobenen Milliarden. Es klappt. Wie in Berlin, so in den Südstaaten der Euro-Zone!

Wir in Friedrichshain-Kreuzberg konstatieren erneut, dass der grüne Bürgermeister  des Bezirks links außen von den Umverteilern überholt wird. Man reibt sich die Augen. Alles wie gehabt.

Na bitte, es geht doch: SPD und CDU sprechen sich für garantierte Mietpreisbegrenzung aus

Mietenbegrenzung ja oder nein? Kaum hatten wir uns fragend an die Leserschaft gewendet, erreichte uns die Nachricht, dass SPD und CDU sich hinter das „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ gestellt haben. Der Senat stellt also weiterhin zentralstaatliche Regelungsinstrumente und vor allem die reichlich sprudelnden Mittel des Landeshaushaltes bereit, um den Mietern genug Geld zukommen zu lassen, damit sie nicht mehr als 30% des Nettoeinkommens für Miete ausgeben müssen.

Ein klares Votum zugunsten der Regelungskompetenz des Staates! Der Steuerzahler wird weiterhin die landeseigenen Wohnungsunternehmen bezuschussen, denn die kostendeckende Vermietung wird mit derartigen Eingriffen des Staates in den Mietenmarkt nicht möglich sein. In dieser Legislatur werden dafür 100 Millionen Euro veranschlagt. Geld, das wir alle reichlich haben.

Hier die unverkürzte Pressemitteilung:

SPD UND CDU VERSTÄNDIGEN SICH AUF EIN SOZIALES MIETENBÜNDNIS

Die mieten- und wohnungspolitischen Sprecher der SPD- und CDU-Fraktion, Iris Spranger und Matthias Brauner, erklären:

„Die Fraktionen von SPD und CDU haben heute in ihren Fraktionssitzungen das „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ von Senator Müller zustimmend zur Kenntnis genommen. Damit unterstützen wir die vom Senat getroffenen Weichenstellungen für die Erreichung der in der Koalitionsvereinbarung fixierten wohnungspolitischen Ziele.

Für die Bestands- sowie für potentielle Mieter der städtischen Gesellschaften bedeutet das eine garantierte Begrenzung der Miete auf 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens, die Mietpreissteigerungen werden somit gedämpft und die soziale Ausrichtung der Unternehmen weiter präzisiert. Wir begrüßen dabei ausdrücklich, dass alle städtischen Unternehmen signalisiert haben, im Interesse einer Stadtrendite hier aktiv mitzuwirken.

Bei Neuvermietungsverträgen sowie beim Wohnungstausch (Wechsel z.B. in kleine Wohnungen) werden ebenfalls verlässliche Grenzen für die Mietentwicklung gelten. Hier ist insbesondere der Bereich innerhalb des S-Bahn-Ringes von Bedeutung.

Die getroffenen Regelungen werden mit einem Mitteleinsatz von rund 100 Mio. Euro in dieser Legislaturperiode unterstützt. Diese Summe sollen die städtischen Gesellschaften zur aktiven Dämpfung der Mietentwicklung einsetzen. Damit wird das Ziel „Gut, sicher und preiswert in Berlin wohnen“ aktiv umgesetzt.

Neben den mietpreisdämpfenden Regelungen ist auch die Erhöhung des städtischen Wohnungsbestandes ein vorrangiges Ziel der Berliner Mieten- und Wohnungspolitik. Mittlerweile ist dieser schon um 10.000 Wohnungen gestiegen, so dass das Ziel der Koalition, den Bestand um 30.000 Wohnungen zu erhöhen, erfolgreich realisiert werden kann. Ebenso sind die Maßnahmen, städtische Grundstücke für den Neubau zur Verfügung zu stellen, weit gediehen und ermöglichen ebenfalls die Ausweitung des Angebotes an Wohnraum.

Weniger als ein Jahr nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sind damit bereits zwei Meilensteine der Wohnungspolitik der Koalition umgesetzt. Dies ist angesichts des erfreulichen Bevölkerungswachstums Berlins auch dringend erforderlich. In den nächsten Schritten bereitet die Koalition die Intensivierung des Neubaus durch beschleunigte Verfahren und die Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau vor. Ebenfalls beraten die Fraktionen die Möglichkeiten zur Eindämmung der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen.

Mit diesen Maßnahmen wird die Koalition den richtigen Rahmen setzen, um das Wohnungsangebot in Berlin nachhaltig zu erweitern und die Attraktivität der Stadt weiter zu verbessern.“

„Wir brauchen die Mietendeckelung“ – „Mietendeckelung wäre unrealistisch“

Leserinnen und Leser, schaut euch das Bild an! So eng geht es mittlerweile nahezu überall auf Kreuzbergs Straßen zu. (Hier: Oranienstraße). Man findet schon keinen Platz mehr, um seinen taufrischen Porsche oder uralten Alt-68er-Merzedes am Straßenrand abzustellen. ALLE WELT strömt nach KREUZBERG. Folge: Die Mieten explodieren. Manche müssen umziehen, in den schrecklichen grünen Rand Berlins, wo der Bus nur alle 30 Minuten hält und man als Armer ohne Merzedes oder Porsche mit dem Fahrrad fahren muss, wenn es mal schnell gehen soll.  Andere ziehen nach Kreuzberg, zahlen die kräftig gestiegenen Mieten mit links. Oder lassen von Papi zahlen – soweit Studenten.

Wir brauchen eine  klare Mietendeckelung! Mehr als 30% des Nettoeinkommens dürfen nicht verlangt werden!“ So fordert es das neugegründete „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten„, maßgeblich mitgetragen von dem aus der Kreuzberger SPD stammenden Landeschef  Jan Stöss.

„Eine Mietendeckelung wäre unrealistisch.“ Wenn man den Forderungen nach Mietobergrenzen am Kotti nachgibt, verteilt man Steuergeld vom Staat an die Besitzenden um. Klare Distanzierung des Friedrichshain-Kreuzberger Bürgermeisters von den Forderungen der Lärm-Demo am Kotti! In fließendem Französisch nimmt er wie folgt Stellung:

Le maire du quartier, Franz Schulz, fait parfois un saut au campement pour déposer des petits pains. Mais il ne partage pas les revendications des manifestants. Selon l’élu écologiste, plafonner les loyers ne serait pas réaliste. „Cela ne concernerait que le logement social et obligerait Berlin déjà lourdement endetté à verser des sommes colossales aux bailleurs“ pour les dédommager du manque à gagner.

Zu Deutsch: „Eine Kappungsgrenze der Mieten beträfe nur die Sozialwohnungen und zwänge Berlin, das ohnehin bereits schwer verschuldet ist, riesige Beträge an die Vermieter zu bezahlen, um sie für entgangene Gewinnmöglichkeiten zu entschädigen.“

Wer hat nun recht – der Landesvorsitzende der Berliner SPD oder der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg?

Brauchen wir eine Kappungsgrenze für die Mieten? Leserinnen und Leser, ihr seid gefragt!

Es ist eine uralte Einsicht in die wahren Zusammenhänge, wenn gute Kenner der Berliner Landespolitik wieder und wieder darauf hinweisen, dass zentralstaatliche Steuerung die Mieten nicht dämpfen kann. Die aus Mauerzeiten herrührende zentral bewirtschaftete Berliner Mietwohnungslandschaft hat im Gegenteil zu Korruption, Misswirtschaft, Missbrauch von Steuergeldern und vor allem zu der gigantischen Schuldenfalle geführt, in der Berlin heute noch sitzt.

Selbst der vielgerühmte Mietspiegel, ein Relikt aus Zentralwirtschaften, ist in den letzten Jahren stets und ausschließlich als Stütze für Mietsteigerungsverlangen genutzt worden. Viele Mietforderungen bei Neuabschluss eines Mietvertrages oder bei bestehenden Mietverträgen werden explizit mit dem Mietspiegel begründet.

http://www.france24.com/fr/20120827-berlin-hausse-loyers-menace-le-petit-istanbul-a-berlin?fb_action_ids=4145705255205&fb_action_types=og.recommends&fb_source=aggregation&fb_aggregation_id=288381481237582

Sportlich

Gestern offene Kreisvorstandssitzung der CDU Friedrichshain-Kreuzberg, vor allem zum Thema Bundestagswahl 2013. Ergebnis: Am 29. September 2012 wird der Kandidat für den Bundestagswahlkreis 83 Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg-Ost gewählt. Gestern haben zwei Menschen ihre Bereitschaft zur Direktkandidatur bekundet: Dursun Yigit und Johannes Hampel. Sportlich. Das Rennen ist offen!

Kreuzberger Pfade von der versteinerten Sprachlosigkeit hin zu den Ölweiden des Wortes

Ein Kommentar des Kreuzberger CDU-Ortsvorsitzenden Johannes Hampel

„Jeder sollte seine Worte wägen.“ So äußert sich Bundeskanzlerin Merkel angesichts der gegenwärtigen angespannten Lage in der Europäischen Union und verschiedener rhetorischer Schnellschüsse aus dem Lager der Regierungskoalition.

Das sind goldene Worte. Es fällt in der Tat auf, dass einige führende Politiker einen scharfen, unversöhnlichen Ton anschlagen: „Ihr habt eure Hausaufgaben nicht gemacht, ihr Faulen müsst raus aus dem Euro!“, „Und ihr Gierigen verdient euch eine goldene Nase am Spread!“, „Wir zahlen nicht für eure Krise!“, „Und wir zahlen nicht für eure Krise!“, „Das Vierte Reich kommt!“.

Es fehlt am guten, gelingenden, verbindenden Wort.

Betrachtet man die Fernsehprogramme unterschiedlicher EU-Länder, so sticht die eindeutig nationale, schrille Färbung der Berichte sofort in Aug und Ohr. Der nationale Unterton verbindet die ansonsten gegnerischen Parteien der Länder auf verblüffende Weise, stellt sie andererseits gegen die vermeintlichen Schwesterparteien in den anderen Ländern. So leitete der italienische staatliche Fernsehsender RAI tre am 28.06.2012 eine Diskussionssendung mit den Worten ein: „Heute abend spielt in der Ukraine  Italien gegen Deutschland – und in Brüssel spielt Deutschland gegen Europa. Schauen wir doch mal, wer gewinnt!“

Auch die EVP – also die europäische Parteienfamilie, der die CDU angehört – tritt nicht mit abgestimmten, länderübergreifenden Vorschlägen hervor. In der Krise ist jedes Land sich selbst am nächsten.

Aber auch hier trifft Kanzlerin Merkel am ehesten den richtigen Tonfall: „Wir tragen füreinander Verantwortung.“

Die Worte der Kanzlerin sind Schritte auf dem Weg zur Lösung der Krise. Und das goldene Kriterium der Gangbarkeit einer Lösung ist für alle Außenstehenden, für alle Wähler, die ja naturgemäß die volle Komplexität der Lage nicht kennen, die Gemeinsamkeit des Wortes. Daran fehlt es – noch.

Europa zeigt sich leider als ein noch sprachloser Kontinent. Ein Beleg dafür mag auch sein, dass es nicht einmal gemeinsame Worte für die europäische Hymne gibt. Man hat sich auf eine bekannte Weise unseres Ludwig van Beethoven geeinigt, aber der Text fehlt.

So hat man denn die Teile und die Töne in der Hand, fehlt nur noch das einigende Band. Wo die vielbesungenen Millionen Brüder- und Schwesterherzen nicht zusammenfinden, da helfen auch die vielbeschworenen Millionen oder Milliarden oder besser Billiarden Euro nicht.

In dieser Sprachlosigkeit gibt es keine europäische Identität, wie Jutta Limbach, von 1994 bis 2002 Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, heute sehr treffend in der FAZ ausführt.
Das gute, gemeinsame, das redliche Wort tut not. Aufgabe der Bürger und auch der Politiker wird es sein, in den nächsten Monaten und Jahren solche Wachstumspole der Gemeinschaft des Wortes zu setzen. Das könnte darin bestehen, dass man sich bewusst und beherzt der Sprache eines EU-Nachbarn zuwendet, wir als Deutsche etwa dem Polnischen oder Tschechischen.

Aus der Öffnung zum Nachbarn oder zum „Nächsten“ kann Gemeinschaft des Wortes entspringen. Erst danach, viel später, wird man den Weg zu einer europäischen Identität ertasten können. Erzwingen oder verordnen lässt sich eine Union der Vereinigten Staaten von Europa nicht, auch nicht mit noch so viel Geld.

Unser Bild zeigt die Ölweiden im Garten des Exils am Jüdischen Museum in Kreuzberg, aufgenommen gestern bei einer gemeinsamen Radtour durch unseren Bezirk. Nur aus den gemeinsamen tastenden Wegen der Menschen, nur aus den Ölweiden des freien, verbindenden Wortes kann nach und nach eine echte Europäische Gemeinschaft erwachsen.

Damit alle gewinnen.

Krank durch Holocaust Education, oder: „Du sollst dich an ein Land anpassen, was sich selbst gar nicht will“

Das deutsche Nationalbewusstsein weist erhebliche, empirisch nachweisbare Unterschiede gegenüber allen anderen europäischen Völkern auf. Die staatlich gedeckten oder angeordneten Massenverbrechen der Vergangenheit haben nur in Deutschland zu nagenden Selbstzweifeln, ja zu einem Verlust des Zugehörigkeitsgefühls zur Nation geführt. Während beispielsweise kein Russe angesichts der eliminatorischen Angriffe der Sowjetunion auf die Polen oder die Juden  in den Jahren 1937-1953 den Begriff der russischen Nation in Frage stellt, geschieht genau dies bei den in Deutschland aufwachsenden Jugendlichen in immer stärkerem Maße.

Dies sind die Thesen eines emeritierten Professors für Entwicklungs- und Erziehungspsychologie an der Universität Köln.

Der Psychologe Ulrich Schmidt-Denter arbeitet aufgrund umfangreicher Befragungen von 6122 Personen in Deutschland folgende Besonderheiten der deutschen Befindlichkeit heraus:

– Deutschland wird sowohl von den hier geborenen und aufgewachsenen Jugendlichen als auch von den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in zunehmendem Maß als Land erlebt, das sich selbst nicht mag. Selbstzweifel und in der Holocaust Education eingeimpfte Schuldgefühle wegen der 12 Jahre 1933-1945 wirken als lähmender Motivationsknick auf sehr viele Jugendliche etwa im Alter von 14 und 15 Jahren ein.

– Es gibt eine echte Holocaust-Übersättigung bei den Jugendlichen. Zwar bleiben nach der Befassung mit diesem Thema lähmende Schuldgefühle zurück. Es gelingt aber nicht, die Einsicht in die Schuld der Deutschen zu einem produktiven Impuls für die Freiheit oder die Rechtsstaatlichkeit umzumünzen.

– „Es fehlen den Migranten (wie auch den Deutschen) positive Identitätsinhalte und Verbundenheit mit dem Land, in dem sie leben.“

Der Kabarettist Fatih Çevikkollu sagt es so:

„Du wächst hier auf und kommst zu dem Punkt, an dem du „ja“ sagst zu dem Land, und dann stellst du fest, du stehst allein da. Deutschland ist gar nicht mehr angesagt. Und wenn du jetzt noch den berühmten Integrationsgedanken zu Ende denkst, merkst du, der funktioniert gar nicht. Du sollst dich an ein Land anpassen, was sich selbst gar nicht will.“

Ulrich Schmidt-Denter: Die Nation, die sich nicht mag. Psychologie heute, September 2012, S. 34-37

Bild: Eine typische Stadtlandschaft in Kreuzberg – Blick von der Wilhelmstraße auf die Topographie des Terrors. Im Vordergrund: ein Toyota Prius, eins der umweltfreundlichsten Autos.

http://www.psychologie-heute.de/das-heft/aktuelle-ausgabe/detailansicht/news/die_nation_die_sich_nicht_mag

Kita-Pflicht als Lösung?

Wie schafft man die bessere Mischung in Kreuzbergs Grundschulen? Wieder einmal gibt es Aufregung zu diesem Dauerbrenner-Thema! Deutsche Eltern wollten ihre Kinder gemeinsam in die Lenau-Grundschule einschulen, sie wollten nicht, dass die Kinder „deutscher Herkunftssprache“ als Einzelgänger zwischen lauter Kindern „mit Migrationshintergrund“ säßen.

LIESTU MA HIER:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/lenau-schule-jetzt-wehren-sich-die-deutschen-eltern/7016450.html

Als Lösung dieser Probleme wird häufig die Kitapflicht für alle Kinder empfohlen. Was ist dran?

„Kitapflicht“ als bequeme Parole ist keine Lösung. Lenau-Schule, das ist genau unser Ortsvereins-Kiez, deshalb hier ein paar Infos frisch von der Quelle: Wir haben hier in Kreuzberg wie auch sonst in Berlin längst Kita-Besuchsquoten von deutlich über 90% aller Vorschulkinder! Die sogenannten „migrantischen“ Kinder können mittlerweile bei Einschulung mehrheitlich akzentfreies Kreuzberg-Deutsch. Es sind typische arabische, türkische, kurdische Kreuzberger Kinder, hier in Berlin geboren und hier aufgewachsen.

„Mischehen“ zwischen Angehörigen der orientalischen und der westlichen Kulturen gibt es kaum. Die allermeisten Familien sind rein türkisch, rein kurdisch, rein arabisch usw. Manche der typischen Kreuzberger Kinder sehen sich (auch) als Deutsche, die meisten aber eben nicht, da die Deutschen selbst oft auch kein Verhältnis zum eigenen Land haben (Stichwort: 12 Jahre Hitler). Die Barrieren sind nicht sprachlicher, sondern kultureller, familiärer, ethnischer und religiöser Art, bei den Kindern aus den türkischen, arabischen, „libanesischen“ und kurdischen Familien gelten meistens erheblich andere Vorstellungen zu Männlichkeit/Weiblichkeit, zu Sittlichkeit, Jungfräulichkeit, Homosexualität, zu Gewalt, zu Nationalsozialismus und Judentum, zu Ehe, zu Familie und zu Religion, zu Staat und Politik als bei den „Deutschen“.

Im Zweifel raten wir allen, die gute Ratschläge geben: schickt eure Kinder einfach in die nächste staatliche Grundschule an der Ecke, schickt eure Kinder in die türkisch-arabisch-kurdisch dominierten Klassen. Das hülfe allen. Man lernt ’ne Menge dabei! MACHT ES! Dann lasst uns drüber reden.

Um der Freiheit willen: Hier endete Peter Fechters Weg

Bild

Auf den Tag, ja auf die Sunde genau 50 Jahre danach statten wir der Stelle, an der Peter Fechter verblutete, einen Besuch ab. Steigen ab, falten die Hände. Nur wenige Passanten halten inne. Ein stummer Kaffeetrinker auf dem Trottoir beobachtet die Szene. Das große Gedränge bildet sich zweihundert Meter weiter am Checkpoint Charlie. Etwa 100 bis 200 Meter Entfernung mochten auch damals zwischen Peter Fechter und den Todesschützen liegen. Damals fanden abgerissene, gespenstische Rufe den Weg hin und her über die Mauer der Schande. „Stand fast. Do nothing.“

Und nach etwa 50 Minuten starb ein Mensch. Er schrie nicht mehr. Er wimmerte. Er verstummte.

Er wollte nur die Freiheit.

Und heute?

„Hier endeten meine Wege.“ Mit diesen Worten erinnerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2007 am 50. Jahrestag der Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften ihrer gespenstischen Eindrücke von der Berliner Mauer.

Die Berliner Mauer steht heute nicht mehr. Aber sind wir uns dessen auch immer bewusst? Das Leben und die Freiheit des Menschen sind die höchsten Güter. Diese gilt es zu schützen gegen Gewalt, gegen Allmachtsdrohungen der Politik und des Staates.

Nicht das Geld, nicht der Wohlstand, nicht die Währung Euro sind die höchsten Güter.

Sondern der Mensch.

Seine Würde.

Das Leben.

Die Freiheit.

Was bringt das Ganze?, oder: Für eine Politik der winzigen Schritte!

„Na, und was bringt nun das ganze politische Engagement? Kümmer dich lieber um deine Familie!“ So mag es mancher neuzeitliche Feierabendpolitiker von seiner Xanthippe hören.

Die Antwort darauf ergibt sich aus den kleinen, mühsam und zäh errungenen Erfolgen der Aktivisten, von denen die Presse nicht schreibt und die Tagesschau keine Notiz nimmt. Ein Beispiel: Am 11. Januar 2012 forderte Johannes Hampel im FahrRat des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, man sollte doch bitter recht schön die Wege im neuen Kreuzberger Park am Gleisdreieck für den Radverkehr freigeben. Dieses Blog berichtete damals:

https://politikselbermachen.wordpress.com/2012/01/11/cdu-kreuzberg-west-fordert-gebt-die-wege-im-park-am-gleisdreieck-fur-das-radfahren-frei/

Schon wenige wenige Wochen später wurde diese Forderung „Gebt die Wege frei!“ erfüllt. Beweisfoto: siehe oben. Hurra. Die Radfahrer können den Park queren.

Gerade jetzt in den heißen, lastend brütenden Hundstagen ist diese Freigabe durchaus wichtig, denn sonst könnte man allzuleicht auf die Idee kommen, angesichts des starken Besucherandrangs die Radfahrer auszusperren – wie dies früher so leidvoll im Charlottenburger Schlossgarten geschah.

Die Freigabe war nötig. Sie wurde abgestimmt mit den Umwelt-Verbänden, etwa dem ADFC, vorgetragen. Das Engagement hat sich gelohnt. Ein kleiner, unbedeutender Schritt. Aber daraus setzt sich Politik zusammen!

Xanthippe, beruhige dich!